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Eberhard Würzl erinnerte sich 1987 [siehe Fußnote 1] der vielen in der Musikpädagogik wirkenden "Wendehälse", wie man später in anderem Zusammenhang sagte, die vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg ihre Gesinnung der jeweils herrschenden politischen Richtung anzupassen wußten. Über seine Tätigkeit in der Kindersingschule der Stadt Wien schrieb er: | ||
... Ich gehörte im ersten Bestandsjahr (vom 1. Februar bis 30. Juni 1939) dem Lehrkörper dieser Institution als "Singeleiter" an. Bei der Anstellung wurde ich glücklicherweise nicht nach meiner politischen Vergangenheit gefragt. Hatte man die entsprechende Befähigung und konnte man leidlich Blockflöte blasen, wurde man von Othmar Steinbauer angestellt. Da ich auf österreichischem Gebiet als Volksschullehrer nicht mehr "tragbar" war und nach Ostpreußen hätte gehen müssen, war ich froh, hier Unterschlupf gefunden zu haben. Obwohl es schuleigene Liederblätter gab, wurde die Auswahl der Lieder nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Freilich mußte ich mir an Schulungsabenden von einer dem "Blut und Boden"-Ideal entsprechenden Maid zeigen lassen, wie das folgende Lied zu erarbeiten sei: [hier sind im Aufsatz Würzls "Nun laßt die Fahnen fliegen" von Hans Baumann, 4 Strophen, abgedruckt]. Es fiel mir nicht ein, ein solches Lied mit Wiener Volksschulkindern zu singen, ich wurde dazu auch nicht gezwungen... (Ende des Zitats.) | ||
Als Johann Sengstschmid diese Zeilen las, bat er den Autor, er möge ihm seine Erinnerungen an Othmar Steinbauer mitteilen. Hierauf verfaßte dieser folgende Zeilen [siehe Fußnote 2]: | ||
(Persönliche Erinnerung an Othmar Steinbauer) | ||
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Eberhard
Würzl | ||
Abgerundet wird das Bild Othmar Steinbauers durch die Tatsache, daß er in einer Zeit, wo nicht nur Schönberg und sein Kreis verboten waren, sondern wo selbst Partituren des nicht-jüdischen Musikers Josef Matthias Hauer allein wegen ihrer Zwölftönigkeit in der berüchtigten Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt wurden und wo man Hauer den Ehrensold der Stadt Wien strich sowie mit einem Tätigkeits- und Aufführungsverbot belegte, sich selbst und der zwölftönigen Musik treu blieb: Trotz seiner Führungsposition in Wien schuf Steinbauer damals Kompositionen auf Klangreihenbasis, wie die Violinsonate Nr. 1 oder die Cembalosonate, und ließ sie öffentlich aufführen. Die erwähnte Cembalosonate (ein handschriftliches Notenexemplar vermerkt auf dem Titelblatt: Jamnitz, Dezember 1944) etwa komponierte er in Jamnitz (heute Jemnice in Südmähren [siehe Fußnote 3]) für Victor Sokolowski, den er als Cembalolehrer angestellt hatte und der das Werk im dortigen Schloß mehrmals spielte. Darüber hinaus erzählte er diesem mit solcher Begeisterung von den Zwölftonideen seines Lehrers Josef Matthias Hauer, daß Sokolowski nach dem zweiten Weltkrieg zu Hauer ging und einer seiner wichtigsten Schüler wurde. | ||
Fußnote 1 |
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Fußnote 2 | Mitgeteilt
in einem Brief von Eberhard Würzl an Johann Sengstschmid, datiert mit: Wien, 31.12.1987;
der Titel "(Persönliche Erinnerung an Othmar Steinbauer)" wurde von
Würzl eingeklammert. (zurück) |
Fußnote 3 | Ausführliches
zu Steinbauers Jamnitzer Aufenthalt enthält das Buch
von Herbert Henck: Hermann
Heiß - Nachträge einer Biografie, Kompost-Verlag. (zurück) |
Weiterführende Informationen in Wort und Ton: siehe Links |
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