Dreiteilige Formen im Klangreihenbereich



Vielfältig sind die Möglichkeiten, wie sich dreiteilige Formen im Klangreihenbereich präsentieren
:


Einfache und zusammengesetzte dreiteilige Formen:


a) Form A+B+A (bzw. a+b+a), entstanden durch zweifachen Tonaustausch bei einer Zwölftonreihe:

Ein der Zwölftönigkeit angemessenes dreiteiliges Formschema [a+b+a], [a+c+a], [c+d+c] u.a.m. entsteht dadurch, daß jeweils zwei Töne einer Zwölftonreihe (Numerierung der Reihentöne von 1 bis 12) zweimal hintereinander ausgetauscht werden.


Formschema I (Modell 2+2+2+2+2+2):

a-Teil (Reihe 1):

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12
b-Teil (Reihe 2):
2
1
4
3
6
5
8
7
10
9
12
11
a-Teil (Reihe 3=1):
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12


Formschema II (Modell 1+2+2+2+2+2+1):

a-Teil (Reihe 1):

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12
c-Teil (Reihe 4):
1
3
2
5
4
7
6
9
8
11
10
12
a-Teil (Reihe 3=1):
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12


[Anmerkung: Auf dem Vertauschungsschema I beruht das in dreiteiliger Form angelegte "Vortragsstück für Violine solo" , op. 3, von Johann Sengstschmid.]


b) Zusammengesetzte Form A+B+A, entstanden aus drei kleinen dreiteiligen Formen:

Jeder Teil der großen dreiteiligen Form [A+B+A] besteht aus einer kleinen dreiteiligen Form:
 

[ A


+


B


+


A ]
 
  [a+b+a] + [c+d+c] + [a+b+a]  


Bei den Teilen [a+b+a] sowie [c+d+c] wird auf das obige Formschema I zurückgegriffen, während für den Wechsel vom einen Großteil zum anderen [A+B+A] = [a+c+a] ([a+b+a] + [c+d+c] + [a+b+a]) das Formschema II zum Einsatz gelangt:


A-Teil:

a-Teil (Reihe 1):

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12
b-Teil (Reihe 2):
2
1
4
3
6
5
8
7
10
9
12
11
a-Teil (Reihe 3=1):
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12

B-Teil:

c-Teil (Reihe 4):

1

3

2

5

4

7

6

9

8

11

10

12
d-Teil (Reihe 5):
3
1
5
2
7
4
9
6
11
8
12
10
c-Teil (Reihe 6=4):
1
3
2
5
4
7
6
9
8
11
10
12

A-Teil:

a-Teil (Reihe 7=1):

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12
 
b-Teil (Reihe 8=2):
2
1
4
3
6
5
8
7
10
9
12
11
a-Teil (Reihe 8=7=3=1):
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12



[Anmerkung: Auf diesem Formschema beruht das "Kyrie" aus der Missa "Adoramus te", op. 21, von Johann Sengstschmid.]


c) Zusammengesetzte Scherzo/Trio-Form A+B+A:

Ein dreiteiliges zusammengesetztes Formschema (siehe oben) wird modifiziert, indem nach traditioneller Art noch Wiederholungszeichen hinzukommen:
 

A


+


B


+


A
 
  [: a :] + [: b + a :] + [: c :] + [: d + c :] + a + b + a  



[Anmerkung: Auf diesem Formschema beruht das "Scherzo für Blockflötenquartett" (Saxophonquartett , op. 28, von Johann Sengstschmid), siehe Notenausgabe und
Werkanalyse]


d) Form A+B+A, eingebettet in eine Transpositionskette einer Zwölftonreihe:

Manchmal wird eine Zwölftonreihe nach irgendeinem Schema mehrmals hintereinander transponiert (Transpositionkette). Bei einer solchen Transpositionskette nach dem Großterzzirkel scheint bereits als drittes Transpositionsglied die Ausgangs-Zwölftonreihe auf, und dieser Vorgang läßt sich oftmals fortsetzen. So vermag etwa die Form A+B+A zu entstehen, indem aus den ersten drei Zirkeldurchgängen ein A-Teil gestaltet wird, dem sich ein auf zwei Zirkeldurchgängen basierender B-Teil anschließt, gefolgt von der vollständigen Wiederaufnahme des A-Teiles.


[Anmerkung: Auf dieser beschriebenen Transpositionkette nach dem Großterzzirkel (acht Durchgänge) beruht der 4. Satz der 1. Violinsonate, Werk 15, von Othmar Steinbauer, siehe Formbeschreibung.]


e) Form [:a+b:]+a', eingebettet in eine kleine Abwandlung:

Ohne daß die Abgrenzung der einzelnen Formteile mit der Abgrenzung der Zwölftonreihen der kleinen Abwandlung (incl. einer eingebauten Wiederholung) übereinstimmt, läßt sich eine dreiteilige Form durch entsprechende kompositorische Gestaltung erzielen.


[Anmerkung: Auf der beschriebenen dreiteiligen Form beruht der Chor "Halt an, wo läufst du hin" , Werk 8, von Othmar Steinbauer, siehe Formbeschreibung.]


f) Form A+B+A (bzw. a+b+a), gewonnen aus einer rudimentären kleinen Abwandlung:

Unterzieht man eine Zwölftonreihe einer "geschlossenen Permutationsform", dann resultiert daraus, daß die Anfangs-Zwölftonreihe am Schluß wieder in die gleiche Zwölftonreihe mündet. Daraus ergibt sich, daß sich aus einer solchen Anlage eine dreiteilige Form mit dem Grundmuster a+b+a bzw. A+B+A herausfiltern läßt.

Beispielsweise könnte man bei einer kleinen Abwandlung (geschlossene Form) einige Abwandlungsglieder weglassen:

Reihe 1 (a-Teil):

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12
Reihe 2 (b-Teil):
2
3
4
5
6
1
8
9
10
11
12
7
(Reihe 3 bleibt weg)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
(Reihe 4 bleibt weg)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
(Reihe 5 bleibt weg)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
(Reihe 6 bleibt weg)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Reihe 7=1 (a-Teil):
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12


Ein interessante Variante davon könnte folgendermaßen aussehen: Der a-Teil reicht bis zum 11. Ton der Reihe 1, der b-Teil beginnt mit dem 12. Ton der Reihe 1 und umfaßt weiters die vollständige Reihe 2; bei der Wiederaufnahme des a-Teils fehlt der 12. Reihenton:

Reihe 1 (a-Teil):

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

Reihe 1 (b-Teil):
12
Reihe 2 (b-Teil):
2
3
4
5
6
1
8
9
10
11
12
7
(Reihe 3 bleibt weg)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
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-
-
(Reihe 4 bleibt weg)
-
-
-
-
-
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-
-
-
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-
(Reihe 5 bleibt weg)
-
-
-
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-
-
-
-
-
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(Reihe 6 bleibt weg)
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Reihe 7=1 (a-Teil):
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
-


[Anmerkung: Auf dieser Variante beruht das in kleiner dreiteiliger Form angelegte Variationsthema zum 3. Satz der 1. Violinsonate, Werk 15, von Othmar Steinbauer, siehe Formbeschreibung.]


g) Form A+B+A, entstanden durch Zusammenfügen von Formteilen:

Bei diesem Schema entstammen die einzelnen Formteile einer kleinen Abwandlung:
Beim vorderen A-Teil wird ein erster Abwandlungsdurchgang vollständig gebracht und ein zweiter Durchgang wohl begonnen, aber vorzeitig abgebrochen. Der B-Teil bringt den Rest des zweiten Durchganges. Der abschließende A-Teil wiederholt den vorderen A-Teil, besteht also wiederum aus dem vollständigen ersten und dem unvollständigen zweiten Durchgang.


[Anmerkung: Auf dieser beschriebenen Form beruht der 2. Satz der 1. Violinsonate, Werk 15, von Othmar Steinbauer, siehe Formbeschreibung.]


h) Zusammengesetzte Form A+B+A, entstanden durch freies Zusammenfügen von Abwandlungsgliedern:

Jeder Teil der großen dreiteiligen Form [A+B+A] besteht aus einer kleinen zweiteiligen Form:
 

[ A


+


B


+


A ]
 
  [a+a] + [b+c] + [a+a]  


Die kleinen Teile a, b und c basieren auf Abwandlungsgliedern einer kleinen Abwandlung, die zum Teil transponiert werden und mit denen sich durchaus "unbekümmert frei" verfahren läßt.


[Anmerkung: Auf einer solcherart angedeuteten Form beruht das Tricinium "Die Ros' ist ohn' Warum", Werk 19, von Othmar Steinbauer, siehe Formbeschreibung.]


Form A+B+A durch modifizierte Terrassenform:


i) Form A+B+A (bzw. a+b+a), entstanden durch Modifizierung der Terrassenform:

Setzt man voraus, daß der musikalische Satz an den Ambitus einer großen Septim gebunden ist, dann vermag ein dreiteiliges Formschema dadurch zu entstehen, indem der Ambitus im Sinne der Terrassenform gewechselt wird. Beispielsweise benützt der a-Teil den Ausgangs-Ambitus, der b-Teil wechselt den Ambitus, und der abschließende a-Teil kehrt zum anfänglichen Ambitus zurück.


[Anmerkung: In der "Meditation" , op.43, von Johann Sengstschmid, beruhen die kleinen Teile des A-Teiles (a+b+a') sowie des B-Teiles (c+d+c') auf dem Ambituswechsel einer modifizierten Terrassenform, siehe Noten und Formbeschreibung.]


j) Form A+B+A, entstanden durch zweimalige Spiegelung von Formteilen:

Die Entstehung eines dreiteiligen Formschemas läßt sich auch dadurch erzielen, daß jeweils ein oder mehrere Formteile zweimal gespiegelt werden, zum Beispiel: A + B + A, wobei der B-Teil die Spiegelung des A-Teiles darstellt.


[Anmerkung: Auf einem solchen Spiegelungsschema beruht die in dreiteiliger Form angelegte "Meditation" , op.43, von Johann Sengstschmid, siehe Formbeschreibung.]





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Weiterführende Informationen in Wort und Ton: siehe Links

siehe auch: Klangreihenmusik (Gesamtüberblick)

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